Das Sterben der Nahversorger ist in vielen Gemeinden Österreichs zur traurigen Realität geworden. Auch in Niederösterreich verschärft der Verlust von Dorfläden die Herausforderungen des ländlichen Raums. Doch Weinburg im Bezirk St. Pölten-Land beweist: Es gibt Wege aus der Krise.
Es ist leider ein vertrautes Bild in vielen Gemeinden Österreichs: Geschlossene Rollläden, verwaiste Ladenfronten, das Schild „Zu verkaufen“ oder „Zu verpachten“. Die Krise der Nahversorgung trifft auch das flächengrößte Bundesland Österreichs mit voller Wucht. Besonders auf dem Land fehlen oft Supermärkte und Geschäfte, was die Lebensqualität der Einwohner massiv beeinträchtigt. Doch zwischen all den Herausforderungen gibt es auch Vorzeigeprojekte, die zeigen, dass innovative Ansätze die Nahversorgung retten können. Die Gemeinde Weinburg im Bezirk Sankt Pölten-Land ist eines dieser Beispiele.
Die Nahversorgerkrise in Zahlen und Fakten
Die aktuelle Lage der Nahversorgung in Niederösterreich zeichnet jedoch vorerst ein düsteres Bild. Laut einer Studie des Lebensmittelhandelsverbandes verfügen rund 19 Prozent der Gemeinden in Niederösterreich – das sind etwa 110 Orte – über keinen einzigen Nahversorger mehr. Für die rund 127.000 betroffenen Menschen bedeutet das: keine Einkaufsmöglichkeit vor Ort, keine frischen Lebensmittel ohne lange Anfahrtswege. Besonders für ältere Menschen, die fast ein Viertel der Bevölkerung in Niederösterreich ausmachen, ist das eine enorme Herausforderung. Ohne Auto wird der Weg zum nächsten Supermarkt oft zur unüberwindbaren Hürde.
Auch bundesweit sieht es ähnlich aus. Im Durchschnitt verfügen rund 18 Prozent der Gemeinden über keinen Lebensmitteleinzelhändler mehr. Niederösterreich liegt mit 19 Prozent Gemeinden ohne Nahversorger im nationalen Bundesländer-Vergleich im Mittelfeld auf Platz 4. Insgesamt betrifft die Krise der Nahversorgung rund 400.000 Menschen österreichweit.
Besonders in ländlichen Regionen, die ohnehin mit Abwanderung und einer alternden Bevölkerung kämpfen, verschärft sich das Problem: In manchen Regionen müssen Bewohner viele Kilometer zurücklegen, um ihre Grundversorgung zu sichern und können diese auch fußläufig nicht sicherstellen.
Gleichzeitig verlieren die Gemeinden durch das Verschwinden der Nahversorger nicht nur an Infrastruktur, sondern auch an Gemeinschaft. Viele Menschen nutzen den Dorfladen als Treffpunkt und Ort für ein Pläuschchen. Wenn dieser verschwindet, bleibt nicht nur die Versorgungslücke, sondern auch ein Defizit im sozialen Leben.
Weinburg: Eine Gemeinde, die ihre Nahversorgung rettete
Gegen diesen Negativtrend setzte sich die Kommune Weinburg zur Wehr. Die rund 1400-Seelen Gemeinde im Bezirk St. Pölten-Land nahm ihre Nahversorgung selbst in die Hand. Als der letzte Supermarkt in Weinburg seine Türen schloss, drohte der Gemeinde die gleiche Versorgungslücke, die viele ländliche Regionen erleben. Doch anstatt die Situation hinzunehmen, wurde in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Einkaufsgenossenschaften (kurz ADEG) ein neuer Nahversorger ins Leben gerufen.
“Willkommen daheim” ist das gelebte Motto dieses ADEG Marktes Weinburg, der nicht nur ein klassisches Supermarkt-Sortiment anbietet, sondern auch stark auf regionale Produkte setzt. Neben der Funktion als Lebensmittelmarkt übernimmt der Laden zusätzlich die Aufgaben eines Postpartners und bietet weitere Dienstleistungen wie eine Reinigungsannahme und einen Bankomat.
SPÖ-Gemeinde übernimmt und finanziert Nahversorger selbst
Die Gemeinde spielte eine aktive Rolle bei der Umsetzung dieses Projekts. Da sich kein langfristiger Pächter für den Standort fand, beschloss sie, den Supermarkt selbst zu führen. Die Marktleiterin sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind also Angestellte der Gemeinde. Zu der Rettung und Weiterführung des Supermarktes im Ort sagte damaliger Weinburg-Bürgermeister Peter Kalteis (SPÖ):
„Für eine Gemeinde ist ein lokaler Nahversorger ein zentraler Faktor für die örtliche Lebensqualität. Aus diesem Grund haben wir das Projekt selbst in die Hand genommen und einen verlässlichen Partner auf diesem Gebiet gesucht.“
Unter seinem Nachfolger Michael Strasser (SPÖ) wird der Markt von der Gemeinde nun weitergeführt und gilt als hybrides Vorzeigemodell für ländliche Regionen in ganz Österreich. Auch wenn der Markt aktuell für die Kommune rote Zahlen schreibt, überwiegt der soziale Mehrwert für die Weinburger. Dank Gemeinden wie Weinburg und Konzepten wie diesem sind die Zahlen für Orte ohne Nahversorger in Österreich in den letzten Jahren rückläufig.
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