Auf Plattformen wie Instagram und TikTok ist politisches Interesse junger Menschen längst sichtbar – doch in Niederösterreichs Gemeindepolitik sind Junge selten. Dabei betrifft kaum ein politisches Feld ihr Leben so unmittelbar wie die Kommunalpolitik: von Freizeitangeboten über Wohnbauförderung bis zur Verkehrsanbindung. Obwohl seit 2013 alle Gemeinden gesetzlich verpflichtet sind, eine Jugendgemeinderätin oder Jugendgemeinderat zu bestellen, bleibt der politische Nachwuchs rar. Warum gelingt der Einstieg so wenigen – und was braucht es, damit junge Stimmen mehr gehört werden?
Engagiert, aber seltener parteigebunden – wie junge Menschen heute politisch aktiv sind
Jungen Menschen wird immer wieder Politikverdrossenheit nachgesagt. Doch die Realität sieht anders aus. Politische Bewegungen wie Fridays for Future oder Black Lives Matter haben in den letzten Jahren tausende Jugendliche und junge Erwachsene dazu bewegt, auf die Straße zu gehen. Die Jugend hat eine klare Vorstellung davon, wie eine bessere Zukunft aussehen soll – und sie ist bereit, sich dafür aktiv einzusetzen. Trotzdem: In der Gemeindepolitik engagieren sich Junge kaum.
Junge Menschen engagieren sich also durchaus politisch – aber anders als früher. Sie zeigen ihre politischen Überzeugungen zunehmend öffentlich, etwa auf Social-Media-Kanälen. Für viele endet das Engagement allerdings an dieser Stelle. Denn viele junge Menschen tragen ihre politischen Überzeugungen zwar nach außen, scheuen jedoch den Schritt in die institutionelle Politik. Der Einstieg in die Gemeindepolitik und andere politische Ämter erscheint zu schwer, viele Junge fühlen sich von klassischen Parteistrukturen abgeschreckt. Es ist daher nachvollziehbar, dass sich junge Menschen stattdessen in NGOs oder zivilgesellschaftlichen Bewegungen einbringen.
Kommunalpolitik in Niederösterreich betrifft junge Generation direkt
Themen, für die sich junge Menschen häufig einsetzen, sind unter anderem Klimaschutz, leistbares Wohnen, Freizeitangebote und Mobilität. Genau diese Themen sind es aber auch, die auch auf Gemeindeebene eine wichtige Rolle spielen. Änderungen und Beschlüsse betreffen das Leben junger Menschen direkt – sei es der Bau eines Jugendzentrums, die Förderung von Jungfamilien oder der Erhalt der Dorfdisco. Umso wichtiger ist es, dass junge Menschen dort präsent sind, wo über diese Themen entschieden wird – etwa in den Gemeinderäten Niederösterreichs.
Jugendparlament: Loosdorf als Vorbild
Ein gutes Beispiel dafür, wie man junge Menschen schon früh in die Gemeindepolitik integrieren kann, zeigt die Gemeinde Loosdorf. Dort wurde im April ein Jugendparlament ins Leben gerufen.
„Wir wollen jungen Menschen nicht nur zuhören, sondern sie aktiv in politische Prozesse einbinden. Das Jugendparlament gibt ihnen die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und die Zukunft unserer Gemeinde mitzugestalten.“ (Thomas Vascu, Bürgermeister von Loosdorf)
Bestellung von Jugendgemeinderätinnen und Gemeinderäten in NÖ seit 2013 verpflichtend
Seit 2013 sind alle 573 niederösterreichischen Gemeinden dazu verpflichtet, eine Jugendgemeinderätin oder einen Jugendgemeinderat zu bestellen. Trotzdem sind junge Menschen unter 30 Jahren in den meisten Gemeinderäten kaum vertreten. Die politische Landschaft ist immer noch mehrheitlich von Funktionärinnen und Funktionären geprägt, die schon seit Jahrzehnten aktiv sind. Der politische Generationenwechsel ist in vielen Gemeinden Niederösterreichs bislang also ausgeblieben.
Für Junge gestaltet sich der Einstieg in die Gemeindepolitik noch immer schwierig. Netzwerke und niederschwellige Einstiegsmöglichkeiten fehlen. Hierzu kommen strukturelle Herausforderungen: Regelmäßige Sitzungen und Termine lassen sich oft nur schwer mit Studium, Job oder Familie vereinbaren. Junge Engagierte berichten zudem häufig von einem Generationenkonflikt. Neue Ideen werden nicht selten mit einem „Das haben wir schon immer so gemacht“ ausgebremst. Dabei wären genau diese frischen Ideen gefragt. Die Gemeinden stehen vor großen Herausforderungen – wie etwa dem Klimawandel oder der Digitalisierung. Entscheiden junge Menschen nicht mit, könnte die Politik an den Bedürfnissen der nächsten Generation vorbeigehen.
Die Zukunft braucht junge Stimmen
Trotz aller Hürden gilt: Gemeindepolitik, die junge Menschen erreichen soll, muss auch von ihnen mitgestaltet werden. Denn der aktuelle Zustand ist alarmierend: 77 Prozent der 16- bis 34-Jährigen in Österreich fühlen sich wenig oder gar nicht von der Politik vertreten. Wenn junge Menschen sich nicht angesprochen fühlen, bleiben ihre Anliegen auf der Strecke. Demokratie lebt davon, dass alle Generationen mitbestimmen.
Die Gemeinde ist der Ort, an dem Veränderungen am schnellsten und unmittelbarsten möglich sind. Ob ein neues Jugendzentrum entsteht oder eine Förderung für Öffi-Tickets beschlossen wird – auf Gemeindeebene werden Entscheidungen spürbar. Hier wird Politik gemacht, die die Menschen direkt bemerken – schnell und wirksam.
Damit mehr junge Menschen den Weg in Niederösterreichs Gemeinderäte finden, braucht es Veränderungen:
- Transparenz bei politischen Prozessen
- aktive Nachwuchsarbeit in Parteien
- Mentoringprogramme
- Einbindung Jugendlicher über Jugendräte oder Schulkooperationen
SPÖ-Gemeinderat Aleksander Klotz, 20 Jahre alt, aus Sierndorf, bringt frischen Wind in die Gemeindepolitik Niederösterreichs. Er zeigt, dass Veränderung möglich ist. Über seine Arbeit sagt er:
„Es ist nicht immer einfach, als junger Mensch ernst genommen zu werden. Aber genau deshalb ist es so wichtig, dass wir uns engagieren und zeigen, dass wir gute Ideen haben und Verantwortung übernehmen können.“ (Aleksander Klotz (20), Gemeinderat in Sierndorf)
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Es gibt für Junge zahlreiche Möglichkeiten, um sich vor Ort zu engagieren – sei es durch die Mitarbeit im Jugendgemeinderat, Teilnahme an lokalen Initiativen oder persönliche Unterstützung von Projekten. Es liegt an jedem Einzelnen und jeder Einzelnen, die Zukunft von Niederösterreich mitzugestalten – fangt am besten noch heute damit an!
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