Schauen wir in die Vergangenheit: Beide bisherigen FPÖ-ÖVP-Koalitionen haben Österreichs Sozialstaat geschwächt und wurden durch zahlreiche Korruptionsskandale erschüttert. Wollen wir wirklich eine nächste Runde?
Bereits zweimal gab es eine Koalition der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Sowohl 2000-2006 (Wolfgang Schüssel) als auch 2017-2019 (Sebastian Kurz und Heinz Christian Strache) haben die Liasonen erhebliche Einschnitte im Sozialstaat bewirkt und Korruptionsskandale ausgelöst. In der ersten Koalition wurden Privatisierungen und Sozialkürzungen durchgesetzt. Die zweite Koalition verschärfte diese Politik mit Maßnahmen wie dem 12-Stunden-Tag und Einschnitten im Gesundheitswesen sowie beim AMS. Beide Regierungen waren von Skandalen geprägt, insbesondere der Ibiza-Skandal und die Korruptionsvorwürfe gegen Sebastian Kurz. Diese Entwicklungen haben das Vertrauen in die politischen Institutionen nachhaltig erschüttert.
Wie Korruption und Kürzungen Österreich veränderten
Diese Gesetze wurden von der schwarz-blauen Regierung unter Kurz und Strache beschlossen:
- Verlängerung der Arbeitszeit: 12h-Tag & 60h-Woche: Ohne Begutachtungsphase beschließen FPÖ und ÖVP (mit den Neos) den längeren Arbeitstag. Nach nur 3 Wochen hat schon jeder 10. Beschäftigte in Österreich einen 12h-Tag hinter sich.
- Streichen des Karfreitags: Der Karfreitag als Feiertag wird gestrichen. Stattdessen führte die Regierung den „persönlichen Feiertag“ ein.
- Einschnitte bei der Gesundheitskassa/ÖGK: Die ÖVP-FPÖ-Regierung staucht die Krankenkassen zusammen. Bei Defiziten sind die Kassen verpflichtet, Selbstbehalte einzuführen. Im Dachverband haben nun die Arbeitgeber:innen eine 6:4-Mehrheit. Und statt der „Patientenmilliarde“ (für die Versicherten) fehlen nach der Reform 1,7 Milliarden Euro.
- Kürzungen bei der Unfallversicherung AUVA: Die Regierung streicht der AUVA 500 Millionen Euro. Dafür müssen die Dienstgeber:innen weniger Beiträge zahlen. Insgesamt fehlt der AUVA über ein Drittel des Budgets.
- Kürzung des AMS-Budgets: Ursprünglich hat das AMS für 2018 mit 1,94 Milliarden Euro Förderung gerechnet. Bekommen hat es 1,4 Milliarden – eine Kürzung von fast 30 Prozent.
- Kürzung bei der Facharbeiter-Förderung: Die Regierung kürzte das AMS-Budget radikal – eine Folge: Streichungen bei der Facharbeiter-Förderung. Statt 41 Mio. gibt es nur noch 16 Mio. Die mit 19,1 Mio. Euro dotierte „Facharbeiterausbildung plus“ wurde überhaupt gestrichen.
- Mindestsicherung: Zugriff des Staates auf Erspartes: ÖVP und FPÖ beschließen den Zugriff auf Erspartes von Jobsuchenden, wenn diese Mindestsicherung beziehen.
- Weniger Mindestsicherung für Kinder: ÖVP und FPÖ kürzen die Mindestsicherung für Familien ab 2 Kindern. Der BMS-Betrag für das 1. Kind fällt künftig höher aus, für das 3. Kind gibt es hingegen nur noch 43 Euro. Rund 85 Prozent der Kinder, die in Österreich Mindestsicherung beziehen, bekommen diese Kürzungen zu spüren.
- Kürzungen bei überbetrieblichen Lehrwerkstätten: ÖVP und FPÖ kürzten beim Geld für „überbetriebliche Lehrstätten“. Das sind Ausbildungsprogramme für junge Leute, die keine Lehrstelle finden. Außerdem wird die Ausbildungsbeihilfe für Jugendliche, die dort ihre Lehre machen, halbiert: von 753 auf 325 Euro im ersten und zweiten Lehrjahr.
- Weniger Ruhepausen im Tourismus: FPÖ und ÖVP verkürzten die tägliche Ruhezeit von elf auf maximal acht Stunden für alle Betriebe mit geteilten Diensten.
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Die Bilanz der ersten schwarz-blauen Regierung
Auch die erste ÖVP-FPÖ-Koalition war geprägt von einem Ausverkauf des Staatseigentums und Kürzungen im Sozialbereich:
- Einführung von Ambulanzgebühren: Bis zu 18 Euro (damals 250 Schilling) mussten bezahlt werden, wenn man in eine Ambulanz musste. Besonders für finanziell schwache Patient:innen war das eine Belastung und führte dazu, dass diese Menschen oft von notwendigen Arztbesuchen zurückschrecken.
- Erhöhung der Rezeptgebühr um 22 Prozent
- Erhöhung des Spital-Selbstbehalts um 43 Prozent
- Kürzung des Krankengeldes für Schwerstkranke (Bezug nur noch 52 statt 78 Wochen)
- Streichung der Zuschüsse für Hörgeräte, Prothesen und andere Heilbehelfe
- Noch heute schwärmen FPÖ und ÖVP von der „größten Steuerreform aller Zeiten“ aus 2005. Was sie ausklammern: Von dieser Reform profitierten vor allem Großkonzerne – für sie wurde die Körperschaftssteuer gesenkt. Und obwohl es dieses Zuckerl für Unternehmen mit dem Versprechen von „mehr Jobs“ gab, bilanzierte man nach Schwarz-Blau 1…
- Rekordarbeitslosigkeit: Nach sechs Jahren Schwarz-Blau hatte Österreich 2006 die bis dahin höchste Arbeitslosigkeitder 2. Republik. 400.000 waren ohne Job, davon 80.000 Jugendliche. Am stärksten betroffen waren Frauen. Erst nach 2006 konnte die Arbeitslosigkeit wieder verringert werden.
- De facto Pensionskürzung: Trotz Inflation hat Schwarz-Blau die Pensionen jahrelang nicht entsprechend der Inflationsrate angepasst. Somit konnten sich Pensionist:innen immer weniger leisten. 2006 lebte jeder sechste Pensionist deutlich unter der Armutsgrenze.
- Massive Pensionskürzung für Frauen: Statt der besten 15 Erwerbsjahre werden nun die besten 40 herangezogen. Für Frauen, die Unterbrechungen durch Kinderbetreuung hatten, bedeutete das eine massive Pensionskürzung!
- Kürzungen bei Witwen- und Invalidenpensionen
- „Pensionsreform 2000“ bringt eine Leistungskürzung von mehr als 1,3 Milliarden Euro vor allem bei jenen, die nach altem Recht kurz vor der Pension standen – das stellt einen massiven Vertrauensbruch dar gegenüber allen, die jahrzehntelang gearbeitet und Pensionsbeiträge gezahlt haben. Das Pensions- sowie das Frühpensionsantrittsalter wurde erhöht.
- Sparen bei Schüler:innen: In den Jahren von Schwarz-Blau stieg die Klassenschülerzahlen um 20 Prozent – demgegenüber sank die Zahl der verfügbaren LehrerInnen um 5.000.
- Abschaffung des Weiterbildungsgeldes für Frauen nach der Karenz – das erschwerte den Wiedereinstieg ins Berufsleben.
- Der international angesehene Jugendgerichtshof wurde abgeschafft. Das hat die Chancen auf Resozialisierung verschlechtert, die Jugendkriminalität ist gestiegen.
- 6.000 Jugendliche ohne Lehrstelle – um 54 Prozent mehr als 1999!
- 3.000 Polizist:innen wurden abgebaut – dafür wurden die Eurofighter angeschafft. Die Folge: Insgesamt stieg die Kriminalität zwischen 2000 und 2006 um 22 Prozent – demgegenüber sank die Aufklärungsquote auf unter 40 Prozent.
- Fast 1.000 Postämter wurden geschlossen.
- Der Schaden durch den Verkauf von BUWOG-Wohnungen unter Wert betrug etwa 1 Milliarde Euro.
- Die Einführung der Gruppenbesteuerung 2005 für multinationale Konzerne kostete bis zur Abschaffung rund 4 Milliarden Euro.
Dieser Artikel ist eine gekürzte Version eines Artikels auf Kontrast.at. Hier finden Sie die ungekürzte Langversion im Original