Die niederösterreichische Mundart ist voller Bilder und Geschichten. Viele ihrer Wörter stammen aus einer Zeit, in der Sprache noch direkt vom Alltag, von der Landwirtschaft oder vom Austausch mit Nachbarregionen geprägt war. Einige dieser Begriffe sind heute fast verschwunden. Wir stellen ein paar davon vor. Hier ein Blick auf ihre Bedeutung und Herkunft.
Eine kulinarische Zeitreise durch Niederösterreich
Ananas – Erdbeere
Im 18. und 19. Jahrhundert bezeichnete „Ananas“ in Teilen Niederösterreichs tatsächlich die Erdbeere. Der exotische Name kam vom lateinischen fragaria ananassa, einer botanischen Bezeichnung für die Walderdbeere. Die „echte“ Ananas aus Südamerika wurde anfangs Hawaii-Ananas genannt. Heute werden diese Begriffe kaum mehr verwendet.
Burguntter – Zuckerrübe
„Burguntter“ geht vermutlich auf den französischen Landesteil Burgund (Bourgogne) zurück, von wo frühe Rübensorten nach Mitteleuropa gelangten. Im Dialekt wurde der Name eingedeutscht – und bezeichnete später allgemein die Zuckerrübe, die ab dem 19. Jahrhundert ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Niederösterreich wurde.
Zibeben – Rosinen
Das Wort stammt aus dem Mittelhochdeutschen zibeben, das wiederum auf das lateinische cicimīna bzw. das arabische zabīb („getrocknete Trauben“) zurückgeht. Durch den Handel mit dem Orient gelangte es über den süddeutschen Raum nach Niederösterreich.
Praktisches für den Alltag
Krodndeta – Taschenmesser
„Krodn“ leitet sich vom mittelhochdeutschen krot(e) für „Kröte“ ab – vermutlich in Anspielung auf die klappbare Form der Klinge. „Deta“ ist ein Dialektwort für „Täter“ oder „Macher“. Zusammengesetzt bedeutet es sinngemäß „das Werkzeug, das man aufklappt und damit etwas macht“.
Klapperl – Sandalen
Das lautmalerische „Klapperl“ bezieht sich direkt auf das Geräusch, das die leichten Holz- oder Lederschuhe beim Gehen machten. Der Begriff war in ganz Ostösterreich geläufig, bevor „Sandalen“ den Alltag eroberten.
Hutschpferd – Schaukelpferd
„Hutsch“ ist eine alte Form für „schaukeln“ oder „hin- und herbewegen“. In Kombination mit „Pferd“ beschreibt es exakt, was das Spielzeug macht: ein Pferd, auf dem man vor und zurück wippt.
Haus, Hof und Ausflüge
Diwan – Sofa
„Diwan“ ist ein Lehnwort aus dem Persischen (dīvān = Versammlungssaal, Sitzbank) und kam im 18. Jahrhundert über das Französische und Türkische nach Mitteleuropa. In Österreich war „Diwan“ lange gebräuchlich, bevor „Sofa“ oder „Couch“ in Mode kamen.
ins Gei fahren – hinaus fahren
„Gei“ könnte aus dem mittelhochdeutschen gein für „Gegend, Richtung“ stammen. „Ins Gei fahren“ bedeutete also ursprünglich „in die Gegend hinausfahren“ und wurde zum Beispiel benutzt, um auszudrücken, dass der Bäcker sein Brot ausliefert.
Godan – Zaun
„Godan“ leitet sich wahrscheinlich von einer älteren Form von „Garten“ ab, das im Althochdeutschen gart oder gort hieß. Gemeint war ursprünglich die Umfriedung, die Haus oder Hof schützte.
Mundart zwischen Höflichkeit und Alltagshygiene
Höf da Gott – Gesundheit
„Höf“ ist eine Dialektverkürzung von „Hilf“. Der Ausdruck „Höf da Gott“ – also „Hilf dir Gott“ – war ein frommer Segensspruch beim Niesen, lange bevor „Gesundheit“ gebräuchlich wurde.
Schearm – Nachttopf
„Schearm“ stammt wahrscheinlich aus dem Bairischen und könnte vom Wort „Scherm“ für Gefäß oder Schale kommen. Der Nachttopf war in Zeiten ohne Badezimmer ein fester Bestandteil des Haushalts.
Niederösterreichische Mundart bewahren
Jedes dieser Wörter erzählt ein Stück Alltagsgeschichte – ob über frühere Handelswege, alte Landwirtschaft oder den Humor der Menschen. Sie sind mehr als nur Kuriositäten: Sie sind ein Fenster in eine Zeit, in der Sprache noch unmittelbarer mit dem Leben verbunden war.
Vielleicht lohnt es sich, diese Begriffe im eigenen Wortschatz wieder aufleben zu lassen – denn mit jedem Wort bleibt ein kleines Stück niederösterreichische Geschichte erhalten.
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