Die schwarz-blaue Landesregierung in Niederösterreich steht wegen geplanter Krankenhaus-Schließungen massiv in der Kritik. Insbesondere im Waldviertel droht durch die Spitalsschließungen eine Unterversorgung. Jetzt startet die SPÖ eine Petition für den Erhalt der Notfallversorgung.
ÖVP-FPÖ-Spitalsschließungen: Medizinische Notfallversorgung im Waldviertel ist gefährdet
Ein geleaktes Geheimpapier hat den Plan von ÖVP und FPÖ aufgedeckt, mehrere Spitalsstandorte in Niederösterreich zu schließen oder stark einzuschränken. ÖVP-Chefin Mikl-Leitner und FPÖ-Chef Landbauer sind trotz aller Beteuerungen offenbar bereits in der Umsetzungsphase: Die Akutversorgung im Waldviertel wurde schon reduziert und die Geburtenstation in Waidhofen/Ybbs geschlossen. Laut dem Papier sollen die Krankenhäuser in Hollabrunn, Korneuburg und Stockerau ebenfalls schließen. Auch das medizinische Zentrum in Gänserndorf sowie die Geburtenstation in Hollabrunn stehen vor dem Aus. Das hätte weitreichende Folgen für die medizinische Versorgung der Region: Die Anfahrtzeiten bei Notfällen würden sich teilweise verdoppeln.
SPÖ Niederösterreich startet Petition zum Erhalt der Notfallversorgung und Geburtenabteilung
Die Landesgesundheitsagentur, von der das umstrittene Papier stammt, spricht von einer „Arbeitsunterlage”. Die SPÖ hingegen sieht in den geplanten Schließungen einen unverantwortlichen Umgang mit der Gesundheit der niederösterreichischen Bevölkerung. Sie fordert in einer Petition, die Notfallversorgung in Hollabrunn, Korneuburg und Stockerau sowie die Geburtenabteilung in Hollabrunn und das medizinische Zentrum in Gänserndorf zu erhalten. Neben der wohnortnahen Notfallversorgung und der Stärkung der Geburtenstationen fordert die SPÖ auch bessere Arbeitsbedingungen und eine faire Entlohnung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Spitälern.
Jetzt die Petition unterschreiben!
Ist eine Schließung von kleinen Spitälern sinnvoll?
Befürworter der Schließungen argumentieren, dass die Konzentration auf wenige, gut ausgestattete Kliniken sinnvoll sei: Wenn einige kleine Kliniken nicht gut ausgestattet seien, müssten die Patienten und Patientinnen ständig zwischen den Spitälern herumgefahren werden, was Zeit und Ressourcen kostet. Sie verweisen auf den Personalmangel und behaupten, dass nur durch die Zusammenlegung von Spitälern eine bessere Versorgung gewährleistet werden könne. Diese Argumente sprechen Probleme in unserem Gesundheitssystem an, die es gibt – die aber auf Dauer nicht durch Kürzungen und Umstrukturierungen, sondern nur durch Investitionen in unsere Gesundheit gelöst werden können.
Die Schweiz hat übrigens deutlich mehr Spitäler als Österreich.
Wir sollten nicht bei der Gesundheitsversorgung der ländlichen Bevölkerung sparen, sondern uns an den Besten orientieren und wieder in unser Gesundheitssystem investieren!
— Sven Hergovich (@HergovichSven) October 19, 2024
Notfallversorgung muss wohnortnah sein
Niederösterreich hat einen Selbstversorgungsgrad von 75 %. Das heißt: Jede dritte bis vierte Person aus Niederösterreich muss bei Bedarf in einem anderen Bundesland behandelt werden. Das ist ganz besonders für die Akutversorgung fatal: In einigen Notfällen, wie zum Beispiel bei einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall, ist eine rasche Behandlung entscheidend. Deswegen ist es wichtig, dass es wohnortnah genug Spitäler mit Notfallambulanzen gibt.
Laut den Plänen von Schwarz-Blau sind aber gerade diese in Gefahr: Die Notfallversorgung in Hollabrunn, Korneuburg und Stockerau sowie im medizinischen Zentrum in Gänserndorf soll eingestampft werden. Außerdem plant Schwarz-Blau die Spitäler in Melk, Klosterneuburg (Bezirk Tulln), Gmünd und Waidhofen an der Thaya zu “Sonderkrankenanstalten” umzubauen. Auch hier gäbe es dann keine Notfallversorgung mehr, die Spitäler wären stattdessen auf bestimmte planbare Operationen spezialisiert.
Eine Spezialisierung auf bestimmte Krankheiten in Spitälern ist an sich kein Problem. Es ist aber wichtig, dass es gleichzeitig genug wohnortnahe Notfallstationen gibt. Mit den Plänen von Schwarz-Blau wären die aber in Gefahr.
Fachpersonal besser behandeln
Die Schließung der Spitäler löst auch das Problem mit dem Personalmangel nicht. Zwar kann die Zusammenlegung dazu führen, dass an einem zentralen Standort genug Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte arbeiten. Aber trotzdem bleibt das Problem, dass immer mehr Fachkräfte kündigen, weil sie nicht gut am Arbeitsplatz behandelt werden. Das sieht man gerade zum Beispiel in Wiener Neustadt. Hier haben gleichzeitig acht Ärztinnen und Ärzte aus der Gynäkologie-Abteilung der Uniklinik gekündigt.
„Was läuft in unserem Bundesland eigentlich derartig schief, dass acht Ärztinnen und Ärzte gleichzeitig eine Gynäkologie verlassen und anderorts vielfach Stationen zusammengelegt und geschlossen werden? Augenscheinlich hat die Landesgesundheitsagentur überhaupt nichts im Griff!“, sagt dazu Wiener Neustadts Vizebürgermeister, SPÖ-LAbg. Mag. Dr. Rainer Spenger.
Klar ist: Wenn langfristig der Personalmangel bekämpft werden soll, helfen keine Spitalsschließungen, sondern nur bessere Arbeitsbedingungen und eine faire Bezahlung.
Mehr Geld in Spitäler investieren
Insgesamt werden sich die Probleme im Gesundheitssystem nur durch mehr Investitionen lösen – nicht durch Einsparungen. Erst kürzlich hat die SPÖ Niederösterreich aufgedeckt, dass die Zentrale der Landesgesundheitsagentur teils Gehälter jenseits der 100.000 Euro kassiert. Mit diesem Geld könnte man stattdessen Fachpersonal anwerben: Momentan fehlen 200 neue Assistenzärzte in Niederösterreich.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an