Eine geplante Änderung des niederösterreichischen Tourismusgesetzes sorgt für heftige Diskussionen. Gemeinden sollen künftig deutlich weniger Einnahmen aus der Nächtigungstaxe erhalten als im Tourismusgesetz 2023 zugesagt. Kommunalvertreter:innen warnen vor finanziellen Mehrbelastungen und kritisieren einen Vertrauensbruch gegenüber den Gemeinden.
ÖVP/FPÖ-Landesregierung ändert Tourismusgesetz – Gemeinden tragen die Kosten
Mit dem Tourismusgesetz 2023 wurde eine neue Finanzstruktur für die Tourismusförderung in Niederösterreich geschaffen. Gemeinden sollten finanziell entlastet werden, gleichzeitig sollte der Wegfall des Interessentenbeitrags, einer Abgabe von rund 20.000 Betrieben, kompensiert werden. Dafür war vorgesehen, dass der Anteil der Gemeinden an den Nächtigungstaxen bis 2028 schrittweise auf 70 Prozent steigt.
Der Interessentenbeitrag war eine Abgabe für sogenannte „Tourismusinteressenten“ – das sind selbständig erwerbstätige Unternehmen, die eine oder mehrere beitragspflichtige Tätigkeiten ausüben und durch den Tourismus mittelbar oder unmittelbar einen wirtschaftlichen Nutzen erzielen.
Die Landesregierung ändert diese Regelung – und belastet die Gemeinden damit finanziell. Ab 2026 sollen die Gemeinden laut Regierungsplänen nur noch 46 Prozent der Einnahmen aus der Nächtigungstaxe erhalten. 14 Prozent sollen künftig an Tourismusdestinationen fließen, die über die NÖ Tourismus GmbH gesteuert werden. Damit würde die im Jahr 2023 beschlossene Finanzarchitektur deutlich verschoben.
“Wortbruch gegenüber Gemeinden”: SPÖ NÖ warnt vor Finanzfiasko
Scharfe Kritik an den Plänen kommt von der SPÖ Niederösterreich. Gemeinde-Landesrat Sven Hergovich und NÖ GVV-Präsident Andreas Kollross sehen in der Gesetzesänderung einen klaren Wortbruch gegenüber den Gemeinden.
„Mit diesem Gesetz wird die finanzielle Belastung für viele Gemeinden spürbar steigen – und das in einer Zeit, in der ohnehin jeder Euro in den Gemeindehaushalten mehrfach umgedreht werden muss“, warnt Hergovich in einer aktuellen Presseaussendung.
Auch Kollross betont:
„Das schwarz-blaue Vorhaben bedeutet nicht nur einen Rückschritt in der Tourismuspolitik, sondern einen handfesten Wortbruch gegenüber den Gemeinden.“
Laut SPÖ NÖ trifft die geplante Kürzung vor allem Tourismusgemeinden. In Orten wie Bad Schönau könnten sich die Zahlungen an die Tourismusdestination künftig verdreifachen. Geld, das dann für Infrastruktur, Kinderbetreuung oder Pflegeplätze fehlen würde.
„Damit wird die ursprünglich beschlossene Finanzarchitektur komplett auf den Kopf gestellt“, kritisiert Kollross: „Den Gemeinden wird Geld entzogen, das sie schon fix eingeplant haben. So geht man mit unseren Gemeinden nicht um.“, so Kollross.
Vorwurf der Intransparenz an schwarz-blaue Landeskoalition in Niederösterreich
Neben der finanziellen Mehrbelastung kritisiert die SPÖ NÖ auch die geplante Mittelverwendung. Denn die 2023 beschlossene Reform folgte einer klaren Logik: Betriebe sind von der Interessentenabgabe befreit, Gemeinden dafür durch Ersatzleistungen des Landes abgesichert. Diese Kompensation war das Fundament der neuen Tourismusfinanzierung.
„Jetzt bricht Schwarz-Blau diese Vereinbarung einseitig und schiebt die Finanzierungsverantwortung den Gemeinden zu. Das ist kein Paradigmenwechsel, das ist ein Rückfall in alte Muster – auf Kosten derer, die das Rückgrat des niederösterreichischen Tourismus bilden“, so Hergovich.
Die schwarz-blaue Landesregierung hat augenscheinlich vor, analysiert Hergovich, auf Kosten der Gemeinden ein System aus aufgeblähten Verwaltungsapparaten und intransparenten Landesgesellschaften zu finanzieren, die ÖVP und FPÖ als Postenkarussell dienen.
Die SPÖ NÖ fordert daher die Rücknahme der geplanten Gesetzesänderung und die Beibehaltung der zugesagten Einnahmensteigerungen für Gemeinden.
Massive Einschnitte bei öffentlichen Leistungen in starken Tourismusregionen befürchtet
Die Tourismusabgabe ist für viele Gemeinden eine zentrale Einnahmequelle. Sinkende Anteile aus der Nächtigungstaxe könnten insbesondere in tourismusintensiven Regionen
verheerende Auswirkungen auf kommunale Budgets haben und Einschnitte bei öffentlichen Leistungen und Investitionen nach sich ziehen.
Eine Stellungnahme des Landes Niederösterreich zu den Vorwürfen stand vorerst aus.
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