Niederösterreich steckt in der Schuldenfalle – und macht weiter neue Schulden. Statt dringend notwendiger Investitionen in Pflege, Bildung und Klimaschutz verkauft die schwarz-blaue Landesregierung Wohnbaudarlehen, um kurzfristig Budgetlöcher zu schließen. Das angestrebte Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis 2030 rückt damit in weite Ferne.
Pro Kopf Verschuldung in Niederösterreich steigt weiter
Niederösterreich ist mit rund 9,6 Milliarden Euro aktuell so hoch verschuldet wie noch nie. Im Österreich-Vergleich belegt das flächengrößte Bundesland mittlerweile den zweiten Platz. Die Schulden pro Kopf liegen bei über 7.000 Euro. Trotz dieser besorgniserregenden Entwicklung spricht die Landesregierung unter Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Udo Landbauer (FPÖ) weiter von “verantwortungsvoller Budgetpolitik” und will die finanziellen Herausforderungen mit einem Doppelbudget meistern.

Doppelbudget 2025 und 2026 – viel Kritik und ein angekündigter Misstrauensantrag
Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) stellte das Doppelbudget im Juli 2024 als
„Budget, mit dem wir den Anforderungen unserer Zeit, den Herausforderungen unserer Zukunft und den bedeutendsten Anliegen unserer Landsleute bestmöglich gerecht werden“ vor. Er betonte, dass der Entwurf “mit Sicherheit kein Sparbudget” sei, sondern ein “zeitgerechtes und zeitgemäßes Budget”.
Es folgten 126 kritische Wortmeldungen in über 16 Stunden und es entwickelte sich eine lebhafte Debatte, die nur einen Schluss zulässt: Von Konsens kann keine Rede sein. Am Ende peitschten ÖVP und FPÖ das Doppelbudget für 2025 und 2026 im Alleingang durch – trotz massiver Kritik und ohne die Stimmen der Opposition.
Das Budget gehe „völlig an der Lebensrealität und den tatsächlichen Problemen“ der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher vorbei und werde etwa dem steigenden Pflegebedarf nicht gerecht, stellte SPÖ-Klubchef Hannes Weninger fest.
SPÖ NÖ-Vorsitzender Sven Hergovich sah die Budgetpläne ebenfalls äußerst kritisch: Statt Investitionen in Gesundheit, Pflege und Wohnen, werde mit dem Rasenmäher gekürzt. NEOS-Fraktionssprecherin Indra Collini kündigte einen Misstrauensantrag gegen den Landesrat Schleritzko (ÖVP) an, der in Folge abgelehnt wurde.
Notverkauf der Wohnbaudarlehen an Banken als Streitpunkt
Wie groß die finanzielle Not ist, zeigt eine Maßnahme besonders deutlich: Die schwarz-blaue Regierung in Niederösterreich entschied sich zu einem Notverkauf von Wohnbaudarlehen, die eigentlich der langfristigen öffentlichen Finanzierung dienen. Verkauft wird an Banken – und ÖVP und FPÖ sind bereit, für kurzfristig verfügbare Einnahmen herbe finanzielle Verluste hinzunehmen.
SPÖ NÖ-Chef Sven Hergovich kritisiert den Verkauf der Wohnbaudarlehen an Banken massiv. Es komme so zwar kurzfristig Geld in die Kasse, langfristig werde den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern die Einnahmen für den Wohnbau aber entzogen.
Die SPÖ-Landespartei fordert stattdessen eine ehrliche Finanzpolitik mit Fokus auf Zukunftsorientierung und nachhaltige Strukturreformen. Es benötige eine klare Investitionsoffensive in soziale Infrastruktur, Bildung und Pflege – also langfristige Entlastung, statt kurzfristig geschönter Budgetzahlen.
Schulden in NÖ: 900 Millionen Euro Defizit
Nach dem Rekord-Defizit von 916 Millionen Euro im Hochwasser-Jahr 2024 setzt Niederösterreich damit auch für 2025 und 2026 weiter auf Schulden – mit geplanten Defiziten von -630 und -250 Millionen Euro.
2025 stehen in Niederösterreich Einnahmen von 9,286 Milliarden Euro Ausgaben von 9,636 Milliarden gegenüber. 2026 rechnet man mit 9,555 Milliarden Euro an Einnahmen und 9,811 Milliarden Euro an Ausgaben. (Quelle: ORF)
Lag das Budgetdefizit des Landes 2023 noch bei 137 Millionen Euro, steht es laut Statistik Austria (Stand März 2025) nun bei 486 Millionen Euro. Konkret betrug das Budgetdefizit des Landes Niederösterreichs im Vorjahr insgesamt 550 Millionen Euro. Für heuer ist ein Defizit von 630 Millionen Euro budgetiert. 2026 wird von einem Minus von 250 Millionen Euro ausgegangen. Insgesamt wird heuer und nächstes Jahr also ein Rekord-Defizit von fast 900 Millionen Euro erwartet.
Bundesländervergleich: NÖ auf Platz 2 bei Länderschulden
Im direkten Vergleich mit den anderen Bundesländern liegt Niederösterreich mit einem Schuldenstand von 9.584 Mrd. Euro aktuell auf Platz zwei. Dahinter folgen die Steiermark mit 6.413 Mrd. Euro Schulden, Kärnten (4.037 Mrd. Euro) und Oberösterreich (2.382 Mrd. Euro). Auf dem sechsten Platz liegt das Land Salzburg, (1.699 Mrd. Euro) gefolgt vom Burgenland (1.379 Mrd. Euro), Tirol (1.307 Mrd. Euro) und Vorarlberg (713 Mio. Euro). Platz eins belegt Wien (12.697 Mrd. Euro).
Rechnungshof NÖ ortet massive Versäumnisse im Budget
Die schwarz-blaue Landesregierung spricht trotz dieser Negativ-Entwicklungen von „vorausschauender Budgetpolitik“ und zeigt sich überzeugt davon, das Landesbudget bis 2023 sanieren zu können. Eine aktuelle Stellungnahme des Landesrechnungshofs gibt allerdings weiter Anlass zur Sorge.
Der Bericht bestätigt, dass Niederösterreichs Landesfinanzen zunehmend unter Druck geraten. Auch das sogenannte Maastricht-Ergebnis, das für die Einhaltung der EU-Defizitregeln entscheidend ist, verfehlt das Ziel deutlich.
Der Bericht legt außerdem offen, wie dramatisch sich der Schuldenstand des Landes entwickelt: Im Vergleich zum Vorjahr ist er um knapp 500 Millionen Euro gestiegen und liegt nun bei 9,584 Milliarden Euro. Das Nettovermögen des Landes ist weiter ins Minus gerutscht – auf mittlerweile –10,273 Milliarden Euro.
Rechnungshof: Schwarz-blaue Landesregierung riskiert finanzielle Stabilität des Bundeslands
Der Landesrechnungshof kommt in seiner Stellungnahme zum Schluss, dass strukturelle Reformen zur Eindämmung der Neuverschuldung im Budget nicht erkennbar sind. Auch dass steigende Defizite nicht durch langfristige Investitionen verursacht, sondern durch kurzfristige Maßnahmen erreicht werden, gebe Anlass zur Sorge. Er fordert daher “wirksame Maßnahmen im strukturellen Bereich des Landeshaushalts” zu setzen” und mahnt: Die schwarz-blaue Landesregierung riskiere mit ihrer Politik der Schuldenausweitung sogar die finanzielle Stabilität des Bundeslands. Steigt die schwarz-blaue Regierung bei den Ausgaben nicht auf die Bremse, ist die “Erhaltung der guten Bonitätsbewertung ohne Budgetkonsolidierung und Senkung der Schuldenquote gefährdet”
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