In 22 von 27 europäischen Ländern gibt es einen gesetzlichen Mindestlohn – in Österreich regeln etwa 800 Kollektivverträge die Bezahlung, 450 davon verhandeln die Gewerkschaften jährlich neu. Das Burgenland geht einen eigenen Weg: Seit 2020 gibt es hier einen Mindestlohn, aktuell rund 2.300 Euro netto. Doch wie funktioniert dieses Modell genau?
Kein einheitlicher Mindestlohn: Wie Kollektivverträge in Österreich die Bezahlung regeln
In Österreich gibt es keinen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn. Stattdessen legen Kollektivverträge fest, wie viel Beschäftigte in einer bestimmten Branche mindestens verdienen müssen. Der Durchschnitt aller Branchen liegt derzeit bei etwa 1.983 Euro brutto pro Monat. Das bedeutet aber nicht, dass das die Untergrenze für alle ist. Je nach Branche kann die Mindestvergütung höher oder niedriger sein.
Diese Kollektivverträge werden zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen ausgehandelt und berücksichtigen Faktoren wie Qualifikation, Berufserfahrung und Art der Tätigkeit. Alle laufenden Verhandlungen für 2026 und aktuelle Abschlüsse sind hier nachzulesen.
In Österreich darf also kein Arbeitgeber weniger zahlen, als im jeweiligen Kollektivvertrag vorgesehen ist. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es einen gesetzlichen Mindestlohn, der bundesweit gilt. Er garantiert allen Beschäftigten einen festen Stundenlohn. Dieser beträgt aktuell rund 13 Euro brutto, unabhängig von Branche oder Erfahrung. Bis 2027 soll der Mindestlohn auf 14,60 Euro brutto steigen. Kollektivverträge dürfen nur höhere Löhne vereinbaren. In vielen anderen europäischen Ländern setzt man ebenfalls auf gesetzliche Mindestlöhne.
Der Vorteil des österreichischen Systems: Die Löhne sind branchengerecht angepasst. Der Nachteil: Es gibt keine einheitliche Untergrenze für alle, wodurch die Einkommensspanne je nach Branche stark variieren kann.
Mindestlohn-Regelung im Burgenland: Mindestens 2.300 Euro netto für Landesbedienstete
Während Österreich sonst auf Kollektivverträge setzt, geht das Burgenland einen eigenen Weg: Seit 2020 gibt es im eigenen Wirkungsbereich des Landes einen Mindestlohn, der Arbeitnehmende vor Lohndumping schützt. Startpunkt war der Landesdienst und die burgenländischen Spitäler, wo ein Mindestverdienst von rund 1.700 Euro netto garantiert wurde. Die Finanzierung des Mindestlohns im Burgenland erfolgt durch das Landesbudget.
Schritt für Schritt wurde der Mindestlohn erhöht und auf weitere Bereiche ausgeweitet: Gemeinden, landesnahe Betriebe, Kindergärten und sogar pflegende Angehörige im Anstellungsmodell des Landes profitieren heute von einem gesicherten Einkommen.
Seit Anfang 2025 liegt der burgenländische Mindestlohn bei etwa 2.300 Euro netto für eine Vollzeitstelle. Er gilt heute in der Landesverwaltung, in Betrieben der Landesholding und für Gemeindebedienstete. In der Privatwirtschaft hingegen bleibt das Gehalt weiter an die jeweiligen Kollektivverträge gebunden. Die von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil initiierte sozialwirtschaftliche Strategie im Burgenland, die neben der Einführung des Mindestlohns noch eine Reihe weiterer Maßnahmen umfasst, wird auch als „Doskonomics“ bezeichnet. Der Begriff wurde ursprünglich kritisch verwendet, von der SPÖ Burgenland aber stolz übernommen.
Weniger Armut und geringe Lohnunterschiede
Im Burgenland ist der Mindestlohn ein zentrales Instrument sozialer Politik: Er soll sicherstellen, dass Beschäftigte trotz steigender Lebenshaltungskosten ohne zusätzliche finanzielle Zuschüsse von ihrem Gehalt leben können. Das Modell scheint aufzugehen. Denn tatsächlich hat das Burgenland laut Statistik Austria die niedrigste Armutsgefährdungsquote aller Bundesländer.
Mindestlohn-Modell: Frauen profitieren überdurchschnittlich
Besonders Frauen profitieren überdurchschnittlich vom burgenländischen Mindestlohn. Der Burgenländische Equal Pay Day 2025 am 6. November zeigt: Der Gender Pay Gap, also die Gehaltslücke zu Männern, ist hier kleiner als in fast allen anderen Bundesländern. Österreichweit schneidet nur Wien, das aktuell den ersten Platz belegt, besser ab.
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