Für viele Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher gehört der Besuch im Freibad zum Sommeralltag. Doch die Zukunft vieler Freibäder in NÖ steht auf der Kippe, wie die Recherche der Crowdfunding-Plattform Kollektor berichtet. Steigende Kosten, Personalmangel und leere Gemeindekassen bedrohen die Einrichtungen – und damit auch einen wichtigen sozialen Treffpunkt. Die SPÖ fordert finanzielle Hilfe von Seiten der Landesregierung.
Freibäder in Niederösterreich 2025: Ein Überblick
Rund 130 Freibäder gibt es in Niederösterreich. Die meisten sind jedoch Verlustgeschäfte. Schon in diesem Sommer blieben etwa das Bergbad in Hainburg und das Freibad in Schönberg am Kamp geschlossen.
Harald Gölles, Sprecher der Bäderbetriebe in der Wirtschaftskammer NÖ erklärt:
Seit Jahren haben nahezu alle Freibäder einen Personalmangel. In der Wirtschaftskrise spitzt sich der immer mehr zu. Und dann wird die Finanzierung über
die Eintrittspreise immer schwieriger.
SPÖ NÖ schlägt Alarm und erarbeitete Maßnahmenpaket
Bereits Ende Juli hatte die SPÖ Niederösterreich in einer Pressekonferenz Alarm geschlagen und einen umfassenden Rettungsplan für die Freibäder im Land präsentiert – samt Forderung nach einer neuen Studie und finanzieller Unterstützung durch das Land.
SPÖ-Landesparteivorsitzender und Kontroll-Landesrat Sven Hergovich warnte:
„Wenn ein Freibad in Niederösterreich zusperrt, verschwindet nicht nur ein Becken mit Wasser – dann reißt es ein Stück soziale Infrastruktur aus dem Herzen unserer Gemeinden. Denn Bäder sind so viel mehr als nur ein Becken. Hier lernen Kinder schwimmen und Familien treffen sich. Dass mittlerweile jedes zehnte Kind zwischen 5 und 19 Jahren nicht schwimmen kann, ist ein Alarmsignal. Und jeder verlorene Badestandort verschärft das Problem.“
Die SPÖ forderte daher ein umfassendes Rettungspaket und verweist auf die letzte durchgeführte Bäderstudie aus dem Jahr 2001. Da diese Studie nur Tourismusregionen berücksichtigte, soll die neu Studie all Gebiete einbeziehen und so die Erarbeitung eines konkreten Fördermodells bis zum kommenden Herbst ermöglichen. Erfasst werden sollen unter anderem die notwendigen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen sowie Informationen zum jährlichen Finanzbedarf.
Das erarbeitete Maßnahmenpaket soll die Gemeinden sowohl bei den laufenden Betriebskosten entlasten als auch Investitionen in Sanierung und Modernisierung ermöglichen. Ziel sei es, die rund 130 Freibäder im Land langfristig zu sichern und leistbare Eintrittspreise zu garantieren.
Finanzielle Belastung für Gemeinden führt zu steigenden Ticketpreisen
Wie teuer der Betrieb ist, zeigen Beispiele aus dem Wiener Umland: Die Gemeinden Mödling und Perchtoldsdorf müssen zusammen jährlich über 4,5 Millionen Euro zuschießen, um ihre Bäder zu erhalten. In Himberg etwa verursacht das kleine Waldbad trotz 28.000 Gästen pro Saison ein Minus von 150.000 Euro.
Viele Gemeinden sehen sich deshalb gezwungen, die Ticketpreise anzuheben. Laut Arbeiterkammer kostet ein Tag im Freibad zwischen 3 und 21,50 Euro – je nach Standort. Steigen die Preise um 20 Prozent, zahlt man in kleinen Orten nur wenige Cent mehr, im Solebad Göstling aber gleich über 4 Euro zusätzlich. Trotz höherer Eintrittspreise bleibt das Defizit bestehen. In Mödling mache man laut Badleiter Mehmed Alajbeg auch bei einer Preiserhöhung um 20 Prozent weiter ein Millionenminus.
Freibäder als sozialer Treffpunkt
Freibäder haben neben der Badefunktion auch eine soziale Bedeutung. Sie sind Treffpunkte für Familien, Orte des Vereinslebens und vor allem wichtig für die Schwimmausbildung. Laut einer aktuellen KFV-Studie können 10 Prozent der 5- bis 19-Jährigen in Österreich nicht schwimmen, weitere 76.000 nur unsicher. Besonders Kinder aus ärmeren Haushalten sind betroffen – gerade sie sind auf leistbare Bäder angewiesen.
Die Leute, die Bäder zusperren möchten, haben Pools zuhause oder können sich Urlaube leisten. Für die ohne Balkon zuhause ist das Freibad aber ein ganz wichtiger sozialer Ort.
so Alajbeg.
Tirol als Vorbild
Im niederösterreichischen Landtag forderte die SPÖ NÖ deshalb bereits eine neue Bäderstudie und sprach sich für einen Rettungsfonds nach Tiroler Vorbild aus. Dort fließen seit 2024 insgesamt 75 Millionen Euro in Sanierung, Betrieb und Schwimmkurse. Während SPÖ, Grüne und NEOS den Antrag im Landtag unterstützten, blockierten ÖVP und FPÖ.
Bislang bleibt es also bei Einzelinitiativen: Manche Gemeinden setzen auf Photovoltaik, andere auf Events wie Silent Discos oder Lesungen, um Besucher:innen und Besucher in die Freibäder in NÖ zu locken. Finanziell wirkt sich das jedoch kaum aus.
Ohne Rettungsplan droht ein Bädersterben
Ohne politische Unterstützung droht vielen Gemeinden das Aus. Ein gemeinsamer Energietarif für Freibäder und gezielte Investitionsförderungen könnten die Situation entschärfen.
Sollten mehr Freibäder in Niederösterreich schließen müssen, betrifft das nicht nur die kommunale Infrastruktur, sondern auch das Freizeitangebot für die Bevölkerung.
Dieser Artikel wurde am 25. August erweitert.