Die Ergebnisse der Gemeinderatswahl 2025 in Niederösterreich sind ein Weckruf für die Landespolitik. Die ÖVP, traditionell stark in den ländlichen Regionen, musste empfindliche Verluste hinnehmen. Hatten die geplanten Krankenhausschließungen, wie im viel diskutierten „Geheimpapier“ vorgeschlagen, Einfluss auf das Wählerverhalten? Wir analysieren das Wahlverhalten in den betroffenen Regionen.
Das Geheimpapier, Spitalschließungen und die politischen Folgen in NÖ
Die Gemeinderatswahlen in Niederösterreich sind geschlagen. Neben Themen wie Wohnbau und Verkehr prägten vor allem gesundheitspolitische Debatten den Wahlkampf. Insbesondere das von der Landesregierung in Auftrag gegebene „Geheimpapier“ spielte eine zentrale Rolle. In dieser Analyse der Gemeinderatswahl NÖ 2025 werfen wir einen genaueren Blick auf die Faktoren, die das Wahlergebnis beeinflussten und wie diese Entwicklungen die Wählermobilisierung prägten.
Zur Erinnerung: Das im Oktober 2024 öffentlich gewordene Arbeitspapier des Expertenrats der Landesgesundheitsagentur (LGA) Niederösterreich enthielt konkrete Pläne der schwarz-blauen Landesregierung zur Schließung von fünf Spitälern in Niederösterreich. Wie berichtet, sollten die Standorte Hollabrunn, Korneuburg, Stockerau, Hinterbrühl und Gänserndorf geschlossen werden. Weitere Kliniken, unter anderem in Melk, Klosterneuburg, Gmünd und Waidhofen an der Thaya, sollten zu Sonderkrankenanstalten umstrukturiert werden, die keine Akutversorgung mehr anbieten.
Die geheimen Pläne über geplante Spitalschließungen trafen die Bevölkerung ins Mark. Schon jetzt kämpft die Gesundheitsversorgung in Niederösterreich mit langen Wartezeiten, weiten Anfahrtswegen und einer hohen Belastung des medizinischen Personals. Viele Patientinnen und Patienten müssen für Behandlungen nach Wien ausweichen – eine Situation, die sich mit den Schließungen weiter verschärfen würde. Besonders drastisch wären die Folgen für das nördliche Waldviertel: Dort könnte der Weg ins nächstgelegene Spital künftig nach Tschechien führen – ein fatales Signal für die Gesundheitsversorgung in Niederösterreich. Nun stellt sich die Frage: Wie sehr hat das Thema das Wahlverhalten in den betroffenen Regionen beeinflusst?
Geplante Spitalschließungen: ÖVP mit massiven Verlusten in Schlüsselregionen
Ein Blick auf die betroffenen Gemeinden zeigt, dass die ÖVP dort zum Teil empfindlich abgestraft wurde. Wähler und Wählerinnen in den Regionen, die konkret von den vorgeschlagenen Krankenhausschließungen betroffen sind, haben ihre Unzufriedenheit deutlich gemacht.
Die Gemeinderatswahl NÖ 2025 Analyse zeigt, dass eine Vielzahl der Gemeinden, die besonders stark von den Schließungen betroffen wären, Veränderungen im Wahlverhalten aufwiesen – ein Hinweis auf Sensibilität gegenüber den geplanten Maßnahmen.
Hollabrunn, Hinterbrühl und Gänserndorf: ÖVP verliert absolute Mehrheit
In Hollabrunn und Hinterbrühl, also jenen zwei Regionen, deren Krankenhäuser laut den Plänen der Landesgesundheitsorganisation (LGA) geschlossen werden sollen, fielen die Verluste für die ÖVP besonders hoch aus. In Hollabrunn ist die absolute Mehrheit der ÖVP Geschichte. Sie fährt ihr historisch schlechtestes Ergebnis ein und verliert 13,38 Prozent. Auch in Hinterbrühl erlebt die ÖVP mit einem Minus von 16,58 Prozent einen regelrechten Absturz.
In der Bezirkshauptstadt Gänserndorf, wo ein Primärversorgungszentrum die Akutversorgung ersetzen soll, verlor die ÖVP mit Bürgermeister René Lobner ebenfalls die absolute Mehrheit. Er verzeichnet ein Minus von 8,11 Prozent der Stimmen und hat damit deutlich an Vertrauen verloren.
Umliegende Gemeinden: Weitere Verluste für ÖVP
Nicht nur Gänserndorf, sondern natürlich auch die umliegenden Gemeinden sind von den Spitalschließungen betroffen. Für die Bewohnerinnen und Bewohner der angrenzenden Gemeinden wie Angern an der March und Weikendorf etwa bedeutet das: noch lange Anfahrtszeiten in das nächstgelegene Krankenhaus und eine schlechte Akutversorgung.
Auch das könnte Auswirkungen auf das Wahlverhalten gehabt haben. Denn auch in diesen Gemeinden hat die ÖVP Stimmen verloren.
Die ÖVP verliert in Angern an der March 6,69 Prozent der Stimmen. Weikendorf verzeichnet einen Rückgang von 12,49 Prozent .
Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Region um Hollabrunn: Göllersdorf meldet ein Minus von 5,08 Prozent, während die ÖVP in Grabern deutliche 12,25 Prozent einbüßt.
Eine Analyse der Gemeinderatswahl NÖ 2025 legt nahe: Die geplanten Spitalschließungen haben sowohl in den betroffenen Gebieten als auch in den umliegenden Regionen das Wahlergebnis beeinflusst. Die Ergebnisse senden eine deutliche Botschaft an die Verantwortlichen in der Landesregierung.
Von Korneuburg bis Gmünd: ÖVP verliert Prozentpunkte in Gemeinden, die von der Spitalschließung betroffen sind
Nicht nur in Hollabrunn, wo die ÖVP ihre absolute Mehrheit und 13,38 Prozent der Stimmen verloren hat, sondern auch in vielen anderen Gemeinden, die von den geplanten Spitalsschließungen betroffen wären, musste die ÖVP schwere Verluste hinnehmen. In Hinterbrühl, Gänserndorf und zahlreichen weiteren Orten zeigt sich ein ähnliches Bild.
Die folgende Grafik veranschaulicht das Ausmaß dieser Entwicklung.
Gemeinderatswahl NÖ 2025 Analyse: ÖVP-Verluste in betroffenen Regionen seit 2020
Krankenhausschließungen als entscheidendes Wahlkampfthema
Niederösterreich verfügt über 27 Landes- und Universitätskliniken mit insgesamt 11 076 Betten, die zentral von der NÖ Landesgesundheitsagentur verwaltet werden und über ganz Niederösterreich verteilt sind. Werden – wie im Geheimpapier geplant – 5 Spitäler davon geschlossen und mindestens weitere 4 Standorte umstrukturiert, kommt es zu Versorgungsengpässen – besonders im Bereich nördlich der Donau. Dazu zählen etwa die Bezirke Korneuburg, Mistelbach und Gänserndorf im Weinviertel sowie die Bezirke Hollabrunn, Gmünd und Waidhofen an der Thaya im Waldviertel.
In diesen Regionen droht eine zunehmende Unterversorgung – vor allem im Fachbereich der Geburtsstationen. Die Geburtsstation in Waidhofen/Ybbs wurde bereits geschlossen. Mit der geplanten Schließung droht auch den Stationen in Klosterneuburg, Hollabrunn und Melk das Aus.
Die geplanten Krankenhausschließungen und Umstrukturierungen sind deshalb zu einem entscheidenden Wahlkampfthema in den betroffenen Regionen bei der Gemeinderatswahl 2025 geworden.
Gesundheitsversorgung in Niederösterreich schon jetzt am Limit
Mit dieser Entscheidung geht also ein weiterer entscheidender Bestandteil der flächendeckenden Gesundheitsversorgung verloren. Und das, obwohl sich der Eigenversorgungsgrad in Niederösterreich bereits jetzt in einem kritischen Zustand befindet: Etwa jede dritte Person muss zur medizinischen Behandlung in ein anderes Bundesland reisen. Besonders häufig weichen Patientinnen und Patienten nach Wien aus. Dort hat bereits jeder fünfte Patient seinen Hauptwohnsitz nicht in der Bundeshauptstadt.
Wien schränkt Zugang für Patienten aus Niederösterreich ein
In Wien stehen insgesamt 46 Krankenhäuser mit 13.644 Betten zur Verfügung. Trotz der geringeren Fläche verfügt Wien also über mehr Krankenhausbetten als Niederösterreich. Diese Unterschiede in der Versorgungsstruktur erklären, warum viele Patientinnen und Patienten aus Niederösterreich für bestimmte Behandlungen nach Wien ausweichen. Allerdings sind auch die Wiener Spitäler bereits stark ausgelastet. Einige Kliniken haben den Zugang für niederösterreichische Patienten deshalb bereits eingeschränkt.
SPÖ tritt für Erhalt der Notfallversorgung ein
Die SPÖ rief noch im Oktober 2024, also im Monat der Veröffentlichung des Geheimpapiers, eine Petition für den Erhalt der Notfallversorgung ins Leben und fordert eine faire Entlohnung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Spitälern. Während die ÖVP weiterhin zum Thema schweigt, geht die FPÖ juristisch gegen die Kritik an den geplanten Spitalschließungen vor. Mehrere Klagen wurden bereits abgewiesen.
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