Zweieinhalb Jahre nach Beginn der schwarz-blauen Landesregierung in Niederösterreich zieht die SPÖ eine kritische Bilanz. Zwar stellten sich ÖVP und FPÖ bei einer Klausur ein positives Halbzeitzeugnis aus, für die SPÖ NÖ fehlen aber Lösungen bei zentralen Themen – vor allem der Teuerung. Zusätzliche Brisanz erhält die Bilanz durch den überraschenden Rücktritt von Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko.
ÖVP-Landesrat tritt überraschend zurück
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner betonte bei der Regierungsklausur von ÖVP und FPÖ im Stift Altenburg in Bezirk Horn den Zusammenhalt ihrer Regierung – und schon am nächsten Tag verlor sie ihren Finanzlandesrat: Ludwig Schleritzko legte überraschend sein Amt zurück und wechselt in den Finanzbereich der Raiffeisen. Beobachter sprechen von einem „Paukenschlag”: Als Nachfolger wird der Bauernbund-Politiker Anton Kasser präsentiert.
Bei der Klausur stellte sich die schwarz-blaue Landeskoalition in Niederösterreich selbst ein „gutes Halbzeitzeugnis“ aus – und ruft damit die Kritik der SPÖ NÖ auf den Plan. In der Mitte der Landtags- und Landesregierungsperiode sei es an der Zeit für einen „kritischen Zwischenbericht“, erklärte SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger.
Teuerung und Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau – Maßnahmen fehlen
Die Inflation in Österreich übertrifft seit Monaten alle Rekorde. Im August 2025 lag die Teuerung bei 4,1%. Im August 2025 lag diese zuletzt bei 4,1%. Besonders stark betroffen sind dabei Bereiche wie Energie und Lebensmittel. Parallel dazu steigt auch die Arbeitslosigkeit in Niederösterreich auf 44.639 Menschen, was einer Arbeitslosenquote von 6,3% entspricht.
Trotz dieser Entwicklungen kündigte die Landesregierung zuletzt Einsparungen in Höhe von 300 Millionen Euro an. Konkrete Maßnahmen im Kampf gegen die Teuerung fehlen dabei bis dato.
„Die Preise steigen, die Wirtschaft leidet, die Menschen stehen unter Druck – und Schwarz-Blau liefert nach zweieinhalb Jahren Regierungsarbeit kaum mehr als Ankündigungen“, ziehen SPÖ NÖ-Klubobmann Hannes Weninger und SPÖ NÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander, in einer gemeinsamen Pressekonferenz Bilanz.
Kritik an Symbolpolitik: Gastpatient:innen und Wohnbaudarlehen
Statt die drängenden Probleme aktiv anzugehen, sieht die SPÖ NÖ die Landesregierung in Symbolpolitik verstrickt. Beispielhaft gilt die Debatte um Gastpatientinnen und Gastpatienten: In Wien kommen immer mehr Patientinnen und Patienten aus Niederösterreich und dem Burgenland. Wiens Bürgermeister Dr. Michael Ludwig schlägt daher eine gemeinsame Gesundheitsregion Ost vor, um die Versorgung besser zu koordinieren. Die niederösterreichische Landesregierung aus ÖVP und FPÖ reagiert jedoch bisher nur zögerlich und verweist auf bestehende Planungsinstrumente. Damit macht sie tausenden niederösterreichischen Patientinnen und Patienten das Leben noch schwerer.
Auch die schwarz-blaue Energiepolitik wird von der SPÖ NÖ massiv kritisiert. Denn bereits im April 2025 legten die Sozialdemokraten konkrete Vorschläge vor, um Energiepreise zu senken, darunter Verpflichtungen für EVN zu leistbaren Tarifen und eine Kopplung der Managementgehälter an Leistbarkeit. Bisher seien jedoch keine dieser Maßnahmen umgesetzt worden.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der Verkauf von Wohnbaudarlehen im Wert von 700 Millionen Euro an Banken. Die SPÖ NÖ fordert ein Rückkaufrecht für die ursprünglichen Kreditnehmer zu gleichen Konditionen, doch ÖVP, FPÖ und NEOS lehnen den Vorschlag ab.
Statt unseren Häuslbauern eine günstige vorzeitige Rückzahlung ihrer offenen Wohnbauförderung zu ermöglichen, haben ÖVP und FPÖ Wohnbaudarlehen im Nominalwert von rund 300 Mio. Euro um lediglich 232 Mio. Euro an Banken verscherbelt. Für diesen Deal hat Schwarz-Blau eigens das Gesetz geändert, in dem eine Verlustobergrenze von 10 Prozent festgeschrieben war und auch noch das volle Ausfallsrisiko und alle anfallenden Nebenkosten dem Steuerzahler umgehängt.“, so Klubobmann Hannes Weninger.
Schwarz-Blaue Versäumnisse – SPÖ NÖ fasst zusammen
Auch wenn die schwarz-blaue Landesregierung Vorschläge der Opposition reflexartig ablehne oder auf die lange Bank schiebe – etwa bei der Förderung privater Hochwasserschutzmaßnahmen, der Wiedereinführung des Schulstartgeldes oder der geplanten NÖ-Donauinsel –, sieht die SPÖ Niederösterreich deutliche Spuren ihrer Arbeit.
„Ohne unseren politischen Druck gäbe es keine Kinderbetreuungsoffensive, würde der gemeinnützige soziale Wohnbau noch stärker zu Gunsten gewinnorientierter Bauträger ins Hintertreffen geraten, würde der ländliche Raum weiter ausgedünnt und die Unterstützung von Städten und Gemeinden noch viel schlechter ausfallen“, betonte Klubobmann Hannes Weninger.
Gleichzeitig verweist die SPÖ auf eine Reihe von Maßnahmen, die längst auf dem Tisch liegen und bisher nicht umgesetzt wurden. Wolfgang Zwander sieht in mehreren zentralen Bereichen Verzug:
Teuerung: Trotz steigender Lebensmittel- und Energiepreise bleiben spürbare Entlastungen für Haushalte aus.
Postenschacher: Anstatt in Schulen, Pflege oder Gemeinden zu investieren, würden neue Gesellschaften, Doppelposten und Besetzungen nach Parteibuch geschaffen.
Arbeitsmarkt: Bei aktuellen Arbeitslosenquoten besteht dringender Handlungsbedarf.
Gemeinden: Bürgermeisterinnen und Bürgermeister stoßen an ihre Grenzen, es fehlen klare Spielregeln und ausreichende Mittel.
Kinderbetreuung: Eltern, die Vollzeit arbeiten, finden weiterhin nicht ausreichend Betreuungsangebote am Nachmittag.
Die SPÖ sieht in der ersten Hälfte der Legislaturperiode deshalb verpasste Chancen:
„Schwarz-Blau regiert im Interesse von Parteifreunden – aber nicht im Interesse der Menschen in Niederösterreich. Die Halbzeitbilanz ist ernüchternd: Große Worte, aber keine Lösungen“, schlussfolgern Weninger und Zwander.
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Wenn Sie relevante Informationen zum Artikel beitragen können, schicken Sie uns doch eine Mail!