In Leobersdorf sorgt ein Bauprojekt für Empörung: Bürgermeister Andreas Ramharter verkaufte 2024 ein Grundstück auf dem Gelände eines ehemaligen Frauen-KZ, auf dem nun ein Gewerbepark entsteht. Laut Berichten von Falter und Wiener Zeitung soll er sich durch Umwidmungen und Grundstücksgeschäfte finanziell bereichert haben.
Gewerbepark statt Gedenkstätte
Im November 2024 berichteten die Wiener Wochenzeitung Falter und die Wiener Zeitung erstmals über ein umstrittenes Bauprojekt in Leobersdorf. Im Zentrum steht der Bürgermeister Andreas Ramharter (Liste Zukunft Leobersdorf): Eine seiner Firmen verkaufte ein rund neun Hektar großes Grundstück für 15,25 Millionen Euro an den Unternehmer Thomas Rattensperger.
Bis 1945 war das Areal Schauplatz unermesslichen Leids: ein Zwangsarbeiterlager, ein Kriegsgefangenenlager und ein Frauen-KZ: An der Bundesstraße 18 befand sich 1944 das zweitgrößte Frauen-KZ in Österreich, wo Hunderte Frauen aus der Sowjetunion, Polen und Italien untergebracht waren. Sie mussten in einer nahegelegenen Munitionsfabrik Zwangsarbeit leisten. Trotz der Vergangenheit des Ortes entschied Bürgermeister Ramharter, keinen Erinnerungsort, sondern einen Gewerbepark zu errichten.
Millionengeschäft mit ehemaligem KZ-Gelände
Eine Vertragsklausel sicherte Ramharters Firma beim Verkauf zusätzlich 1,34 Millionen Euro, sollte der Gemeinderat später zwei Teilflächen umwidmen – was tatsächlich mit den Stimmen der Bürgermeister-Liste beschlossen wurde.
Der Kaufvertrag gewährte Ramharter außerdem das Recht, auf dem Dach des Gewerbeparks eine Photovoltaikanlage zu errichten. Der Leobersdorfer Bürgermeister behielt sicherte sich auch das Recht, den erzeugten Strom für den Eigenverbrauch zu verwenden und den produzierten Strom „vorzugsweise zu marktüblichen Bedingungen zu beziehen“. Laut Vertrag erhält Rattensperger fünf Prozent von Ramharters Netto-Einnahmen als Pacht für die Dachflächen.
Bürgermeister soll von weiteren Umwidmungen profitiert haben
Bürgermeister Ramharter soll sich durch weitere Umwidmung von Grundstücken, die den Bau von Photovoltaik-Anlagen ermöglichten, persönliche Vorteile verschafft haben.
Laut Medienberichten erwarb er 2020 rund 3,6 Hektar Ackerflächen von zwei Landwirten um 450.000 Euro. Im August 2022 beschloss der Gemeinderat, diese Grundstücke in Grünland-Photovoltaik umzuwidmen – auch der Bürgermeister stimmte dafür. Als ein SPÖ-Mandatar seine mögliche Befangenheit ansprach, hieß es laut Protokoll: „Herr Bürgermeister kann diese Anfrage nicht nachvollziehen und verneint diese Frage.“
Ein weiteres Projekt plante Bürgermeister Ramharter nahe der Autobahn: 2017 kaufte er fünf Hektar Grünland um 650.000 Euro, das der Gemeinderat im August 2022 ebenfalls umwidmete. Beide Vorhaben sind inzwischen genehmigt.
Zusätzlich erhielt er laut WZ durch einen Vertrag mit der Gemeinde im Oktober 2022 rund 8.600 Quadratmeter Grünland samt Straße. Im Gegenzug trat er Flächen für einen „Jungbürgerwald“ ab. Sollte das Areal binnen zehn Jahren in Betriebsgebiet umgewidmet werden, müsste Ramharter nur 40 Euro pro Quadratmeter zahlen – dies sei deutlich unter Marktwert, berichtet die WZ.
Bauprojekt wird umgesetzt – trotz massiver Proteste
Gegner des Bauprojekts kämpften bis zuletzt für die Errichtung einer Gedenkstätte auf dem Areal des ehemaligen Konzentrationslager. Kritik kam unter anderem auch von der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). Das Bundesdenkmalamt lehnte die Errichtung einer Gedenkstätte jedoch ab. Die Reste seien „nicht ausreichend, um sie unter Denkmalschutz zu stellen“, hieß es.
Ende August rückten schließlich Bagger und Lastwagen an. Trotz der Forderungen nach einer Gedenkstätte und der Bedeutung des Geländes erklärte Ramharter gegenüber der Austria Presse Agentur: „Alle Bewilligungen liegen vor”.
Ramharter bleibt Bürgermeister von Leobersdorf
Trotz der Kontroversen rund um den Grundstücksverkauf blieb Andreas Ramharter auch nach der Gemeinderatswahl Ende Jänner 2025 Bürgermeister von Leobersdorf. Seine Liste Zukunft Leobersdorf regiert seither in einer Koalition mit FPÖ und ÖVP.
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